»Ich will dich sehen! Ich will dich spüren!«, sagte Callisto.
»Ich bin nicht mehr derselbe!«
»Ich würde dich erkennen, wenn ich dich tausend Jahre nicht mehr gesehen hätte. Denn ich sehe dich nicht mit den Augen und ich fühle dich nicht mit meiner Hand.«
Ich ließ sie nicht merken, dass ich weinte, aber da sie Callisto war, wusste sie es wohl.
Es war nicht die Angst vor dem Schmerz - ihn kannte ich ja. Er war mein Freund. Die Angst vor der Wahrheit war es. Christo hatte er geheißen und sein Name sollte im Buch der Helden ganz vorne stehen. Denn alle hatten sie gezittert vor meiner Peitsche. Erwachsene Kerle hatten sich in die Hose gepisst, aber er hatte - den Tod schon vor Augen - gesagt: »Du bist ein Poser, der nur mit der Peitsche in der Hand stark ist!«
Ich hatte ihn leben lassen, weil er der Einzige gewesen war, der sich getraut hatte mir diese Erkenntnis ins Gesicht zu schleudern.
»Oh Zwielichtige, Immerwährende! Ich habe ihn gesehen.« Der winzige Gedanke der kleinen Motte brannte im Kopf der Weltenlenkerin. Er bahnte sich seinen Weg wie ein ungestüm sausender Funke und verfehlte nicht sein Ziel.
Ein Auge der Hexe zuckte. Auf ihre Lider war mit der Asche Thebens ein allsehendes Auge gemalt und nur mit ihnen konnte man die Wahrheit erkennen.
Dann erwachte sie und mit ihr erhob sich der ewige Wind, er zerrte an den silbernen Spinnfäden, die den ganzen Baum bedeckten, die Tautropfen gefroren und spielten ein trauriges Lied.
»Ist er es?«
»Ja, er ist es!«
»Wir retten ihn!«