Die Legende vom goldenen Herz

»Die Legende vom goldenen Herz«

 

Der Vogel, Tiltis, war von den Gitterstäben befreit und zog mit seiner Elli in den riesigen Baum Tamtam, wo Ticki, der Gott der List, herrschte.

Tiltis liebte Elli, er liebte sie viele Sommer und Elli legte herrliche Eier, aus denen wunderschöne Küken mit feurigem Gefieder schlüpften.

Tiltis war glücklich, er brachte seinen Kindern das Fliegen bei und sie sausten fröhlich um die ausladenden Äste des Tamtam-Baumes.

Doch ab und an, wenn Tiltis alleine auf einem Ast saß, da spürte er Lias Ruf. Und der kleine Vogel machte sich auf, seine Freundin zu besuchen. In der einen oder anderen Nacht schlüpfte er durch das Loch im Fensterglas, das die Ticki-Vögel gemacht hatten und er trällerte Lia, der Göttin des Lichtes, ein Ständchen.

Sie streichelte sein Gefieder und wenn sie das tat, ging ein Teil ihres Leuchtens auf Tiltis über. Lias Liebe und Helligkeit fiel in sein Herz. Sie blieb dort in alle Ewigkeit.

Und wer sie nicht sehen konnte, der hatte nie geliebt.

»Ich bin einsam ohne dich!«, vertraute Lia ihrem Vogel-Freund an.

Doch er antwortete in der Sprache, die jeder kannte:

»Nur mein Körper verlässt dich – im Geiste aber sind wir eins!«

 

Eines Tages jedoch erzählte Tiltis zwei jungen Eichelhähern, dass er einst so hoch geflogen sei, dass er die Sonne berührt hätte.

Die Jungvögel keckerten und lachten ihn aus:

»Das glauben wir dir nicht! Das glauben wir dir nicht!«

»Ich werde es euch beweisen!«, erklärte Tiltis und er flog hoch, so hoch, wie er schon lange nicht mehr geflogen war.

Die Sonne wurde heißer und heißer und die Eichelhäher sahen ihn nur noch als kleinen, schwarzen Punkt.

»Kehre um, kleiner Vogel, ich bin zu heiß für dich!«, warnte die Sonne.

Tiltis wollte gehorchen und heimkehren, als ein Wind ihn erfasste und gegen einen Sonnenstrahl trieb. Weder Vogel, noch Sonne konnten etwas dagegen ausrichten: Sein Gefieder verglühte.

Aber Eradi, die Erdmutter, griff ein und verkündete:

»Du Tiltis bist ein liebendes und einzigartiges Geschöpf. Daher sollst weiterleben. Du hast ein Herz aus Gold, dies soll gerettet sein!«

Und so geschah es: Tiltis goldenes Herz plumpste tief ins Tränenmeer. Dort unten – tief, sehr tief – schlief ein Seeungeheuer, das nannte man den Nux.

Es wurde vom Geklopfe des Herzens wach.

»Wer klopft da?«

Keine Antwort! Nur: »Bummba-di-bumba-di-Bumm!«

»Was bist du für ein Bummba-di-bumm-Ding und was weckst du mich so frech?«

»Bummba-di-bumm!«, trommelte das Herz.

»Duuuu!«, grollte der Nux, »Ich bin der Nux und ich bin noch müde. Alle, alle haben Angst vor mir. Hast du keine Angst, dass ich dich fresse?«

Das goldene Herz leuchtete und trommelte aufgeregt:

»Bummba-di-bumm?«

»Wenn du noch einmal Bumba-di-bumm machst, dann schluck ich dich runter, du Leucht-Ding!«, schimpfte das Ungeheuer.

Das Herz machte: »Bumba…« Weiter kam es nicht.

Denn der Nux tat einen großen Haps und nun verschwand das goldene Herz in seinem riesigen, riesigen Bauch.

»Di-Bumm… Bumba-di-Bumm…di-bumm…bumm…bumm!«, hallte fröhlich das Echo von den Magenwänden des Seeungeheuers.

Eradi, die Erdmutter lachte, denn die Entwicklung versprach interessant zu werden.

Der Nux jedoch schwamm weiter und alle Fische und Wesen flohen vor ihm, denn er bekam einen enormen Schluckauf.

Bei jedem Hicks stiegen Blasen auf und verursachten ein mittleres Seebeben.

»Verflixt!«, dachte der Nux. »Ich sollte nicht immer alles verschlucken, was mich nervt!«

 

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